VI ZR 196/08; Zulässigkeit Lehrerbew. spickmich.de
Lassen Sie sich zum Thema IT-Recht jedenfalls von einem Rechtsanwalt beraten !
INHALT INTERNETSEITEN
HILFREICH:
|
VI ZR 196/08; BGH: Zulässigkeit einer Lehrerbewertung im Internet (www.spickmich.de)
THEMA:
- Internetrecht Allgemein
RECHTSNORMEN:
- BDSG § 29; § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1; § 41 Abs. 1; GG Art. 1, 2, 5
Quelle: Pressemitteilung des BGH
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Bewertung der Leistungen der
Klägerin als Lehrerin mit Namensnennung durch Schüler auf der Website
www.spickmich.de, die von den Beklagten gestaltet und verwaltet wird. Zugang zu
dem Portal haben nur registrierte Nutzer.
Die Registrierung erfolgt nach Eingabe des Namens der Schule, des Schulortes,
eines Benutzernamens und einer E-mail-Adresse. An die E-mail-Adresse wird ein
Passwort versandt, das den Zugang zu dem Portal eröffnet. Die mit den
Schulnoten 1 bis 6 abzugebenden Bewertungen sind an vorgegebene Kriterien
gebunden wie etwa "cool und witzig", "beliebt",
"motiviert", "menschlich", "gelassen" und
"guter Unterricht". Ein eigener Textbeitrag des Bewertenden ist nicht
möglich. Aus dem Durchschnitt der anonym abgegebenen Bewertungen wird eine
Gesamtnote errechnet. Die Nutzer können außerdem auf einer Zitatseite
angebliche Zitate der bewerteten Lehrer einstellen. Die Klägerin, deren Name
und Funktion auch der Homepage der Schule, an der sie unterrichtet, entnommen
werden kann, erhielt für das Unterrichtsfach Deutsch eine Gesamtbewertung von
4,3. Ihr zugeschriebene Zitate wurden bisher nicht eingestellt. Mit der Klage
verfolgt die Klägerin einen Anspruch auf Löschung bzw. Unterlassung der
Veröffentlichung ihres Namens, des Namens der Schule, der unterrichteten
Fächer im Zusammenhang mit einer Gesamt- und Einzelbewertung und der Zitat- und
Zeugnisseite auf der Homepage www.spickmich.de. Sie blieb in den Vorinstanzen
erfolglos.
Der u. a. für den Schutz des Persönlichkeitsrechts und Ansprüche aus dem
Bundesdatenschutzgesetz zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
die dagegen von der Klägerin eingelegte Revision zurückgewiesen.
Unter den Umständen des Streitfalls hat der BGH die Erhebung, Speicherung und
Übermittlung der Daten trotz der fehlenden Einwilligung der Klägerin für
zulässig gehalten. Zwar umfasst der Begriff der personenbezogenen Daten nicht
nur klassische Daten wie etwa den Namen oder den Geburtsort, sondern auch
Meinungsäußerungen und Beurteilungen, die sich auf einen bestimmten oder
bestimmbaren Betroffenen beziehen. Für die Erhebung, Speicherung und
Übermittlung solcher Daten in automatisierten Verfahren gelten grundsätzlich
die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes. Die Erhebung und Speicherung von
Daten zur Übermittlung an Dritte ist auch ohne Einwilligung des Betroffenen
nach § 29 BDSG u.a. dann zulässig, wenn ein Grund zu der Annahme eines
schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und –speicherung
nicht gegeben ist. Ein entgegenstehendes Interesse der Klägerin hat der BGH
nach Abwägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einerseits und
des Rechts auf freien Meinungsaustausch andererseits für nicht gegeben
erachtet. Die Bewertungen stellen Meinungsäußerungen dar, die die berufliche
Tätigkeit der Klägerin betreffen, bei der der Einzelne grundsätzlich nicht
den gleichen Schutz wie in der Privatsphäre genießt. Konkrete
Beeinträchtigungen hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Äußerungen
sind weder schmähend noch der Form nach beleidigend. Dass die Bewertungen
anonym abgegeben werden, macht sie nicht unzulässig, weil das Recht auf
Meinungsfreiheit nicht an die Zuordnung der Äußerung an ein bestimmtes
Individuum gebunden ist. Die Meinungsfreiheit umfasst grundsätzlich das Recht,
das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen.
Auch die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an den Nutzer kann nur
aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des
Betroffenen und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit im jeweiligen Einzelfall
beurteilt werden. Im Streitfall ist im Hinblick auf die geringe Aussagekraft und
Eingriffsqualität der Daten und die Zugangsbeschränkungen zum Portal die
Datenübermittlung nicht von vornherein unzulässig. Besondere Umstände, die
der Übermittlung im konkreten Fall entgegenstehen könnten, hat die Klägerin
nicht vorgetragen.
Urteil vom 23. Juni 2009 – VI ZR 196/08
Quelle: PM des BGH