I ZR 159/05; BGH: Identische Zeichen (afilias.de)
Lassen Sie sich zum Thema IT-Recht jedenfalls von einem Rechtsanwalt beraten !
INHALT INTERNETSEITEN
HILFREICH:
|

I ZR 159/05; BGH: Keine Verletzung des Namens- oder Kennzeichenrecht bei identischem Zeichen, wenn Namens- oder Kennzeichenrecht des Berechtigten erst nach der Registrierung des Domainnamens durch den Nichtberechtigten entstanden ist (afilias.de)
THEMA:
- Domainrecht
Weitere Links:
- 24.04.2008 - BGH, Az: I ZR 159/05 PDF [90 KB]
Auszug:
(...)
bb) Eine weitere Ausnahme kann in dem – hier gegebenen – Fall geboten sein,
dass das Kennzeichen- bzw. Namensrecht des Berechtigten erst nach der
Registrierung des Domainnamens durch den Domaininhaber entstanden ist.
Der gegenteiligen Ansicht des Berufungsgerichts, nach der es für den Anspruch
des Berechtigten gegen den Domaininhaber wegen Verletzung des Namensrechts nicht
von Bedeutung ist, ob der Berechtigte das Namensrecht erst nach der
Registrierung des Domainnamens erworben hat, kann nicht beigetreten werden.
Allerdings wird die Ansicht vertreten, der Inhaber eines
Unternehmenskennzeichens könne gegenüber jedem, der einen mit seinem
Unternehmenskennzeichen übereinstimmenden Domainnamen für private oder
sonstige außergeschäftliche Zwecke benutze und sich nicht auf ein Kennzeichen-
oder Namensrecht an dem Domainnamen berufen könne, nach § 12 BGB
Unterlassungs- und Löschungsansprüche geltend machen, selbst wenn die
Registrierung des Domainnamens vor der Entstehung des Unternehmenskennzeichens
erfolgt sei (Bettinger aaO Rdn. DE 403 und 370 sowie – zur Marke – DE 128
und 124; ebenso Bröcher, MMR 2005, 203, 206 f.). Dies wird damit begründet,
dass allein durch die Registrierung kein absolutes Recht an dem Domainnamen
entstehe.
Die Revision macht demgegenüber zu Recht geltend, dass die Registrierung eines
zum Zeitpunkt der Registrierung in keinerlei Rechte eingreifenden Domainnamens
im Hinblick auf die eigentumsfähige, nach Art. 14 GG geschützte Position des
Domaininhabers nicht ohne weiteres wegen später entstandener Namensrechte als
unrechtmäßige Namensanmaßung qualifiziert werden kann (vgl. LG München I MMR
2004, 771, 772).
Auch wenn der Domaininhaber durch die Registrierung kein absolutes Recht an dem
Domainnamen erwirbt, begründet der Vertragsschluss mit der Registrierungsstelle
doch ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht, das dem Inhaber des
Domainnamens ebenso ausschließlich zugewiesen ist wie das Eigentum an einer
Sache (BVerfG GRUR 2005, 261). Es begegnet zwar keinen verfassungsrechtlichen
Bedenken, dass derjenige, der durch die Registrierung eines Domainnamens bereits
bestehende Kennzeichen- oder Namensrechte verletzt, zur Beseitigung der Störung
verpflichtet ist (vgl. BVerfG GRUR 2005, 261 f.).
Anders verhält es sich aber, wenn das Namensrecht erst nach der Registrierung
entsteht. In einem solchen Fall setzt sich das Namensrecht des Berechtigten
nicht ohne weiteres gegenüber dem Nutzungsrecht des Domaininhabers durch;
vielmehr ist eine Abwägung der betroffenen Interessen geboten.
Dabei wird sich der Dritte, der den Domainnamen als Unternehmenskennzeichen
verwenden möchte, regelmäßig nicht auf ein schutzwürdiges Interesse berufen
können. Er kann vor der Wahl einer Unternehmensbezeichnung, die er auch als
Internet-Adresse verwenden möchte, unschwer prüfen, ob der entsprechende
Domainname noch verfügbar ist; ist der gewünschte Domainname bereits vergeben,
wird es ihm oft möglich und zumutbar sein, auf eine andere
Unternehmensbezeichnung auszuweichen. Die Interessenabwägung geht dann in aller
Regel zugunsten des Domaininhabers aus.
Anders verhält es sich allerdings, wenn es dem Domaininhaber wegen
Rechtsmissbrauchs versagt ist, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des
Domainnamens zu berufen. So verhält es sich insbesondere dann, wenn der
Domaininhaber den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht
registrieren ließ, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden
Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997
– I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 414 = WRP 1998, 373 – Analgin; Urt. v.
19.2.1998 – I ZR 138/95, GRUR 1998, 1034, 1036 f. = WRP 1998, 978 – Makalu;
Urt. v. 23.11.2000 – I ZR 93/98, GRUR 2001, 242, 244 = WRP 2001, 160 –
Classe E; Beschl. v. 30.10.2003 – I ZB 9/01, GRUR 2004, 510, 511 = WRP 2004,
766 – S100; OLG Hamm MMR 2005, 377, 382 f.).
Das Berufungsgericht hat die gebotene Interessenabwägung nicht vorgenommen und
keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, der
Beklagte habe den Domainnamen nur deshalb registriert, um ihn sich abkaufen zu
lassen. Es kann daher nicht abschließend beurteilt werden, wessen Interessen an
dem Domainnamen im Streitfall der Vorrang gebührt.
(...)